- Crime-Drama-Serie, 7x30 min
- Executive Producer: Oliver Berben / Moovie GmbH (Constantin Film)
- Produzent: Jan Ehlert / Moovie GmbH (Constantin Film)
- Drehbücher: Ferdinand von Schirach („Verbrechen“, „Schuld“ und „Terror“)
- Besetzung: Désirée Nosbusch („Bad Banks“), Sebastian Urzendowksy („Babylon Berlin“), Peter Kurth („Babylon Berlin“) und Narges Rashidi („Gangs of London“)
- Regie: Daniel Prochaska
- Redaktion: Brigitte Kohnert
- Drehstart: August 2020
- Gefördert vom Medienboard Berlin-Brandenburg und der Film- und Medienstiftung NRW
Inhalt:
Angelehnt an den Justizskandal um die Wormser Prozesse erzählt Ferdinand von Schirach die Geschichte des abgebrannten Strafverteidigers Schlesinger, der einen von 26 Angeklagten in einem großen Kindesmissbrauchsprozess vertreten soll. Dabei kämpft Schlesinger nicht nur für seinen Mandanten und die Wahrheit, sondern auch gegen Falschaussagen, fragwürdige Verhörmethoden und die Mühlen der Justiz selbst.
Ferdinand von Schirach, Strafverteidiger, Schriftsteller & Drehbuchautor
„Wir leben im Zeitalter der Empörung. Die Erregungskurve im Internet liegt stets bei 100 Prozent. Jeder Mensch ist durch die sozialen Medien heute nicht nur ein Empfänger von Nachrichten, er kann auch ein sehr mächtiger Sender sein. Und was er sendet, unterliegt kaum einer Kontrolle. Ein Gericht entschied letztes Jahr, eine Bundespolitikerin dürfe sogar als ‚Stück Scheiße‘ und ‚Drecksau‘ bezeichnet werden.
Zwischen 1993 und 1997 fanden drei Strafprozesse vor dem Landgericht Mainz statt. 25 Männer und Frauen aus Worms und Umgebung wurden des massenhaften und teilweise gemeinschaftlichen Kindesmissbrauchs angeklagt. Sie sollen Videos gefertigt und vertrieben haben, es war die Rede von einem Pornoring. 16 Kinder, darunter Babys, sollen von ihnen zum Teil in Orgien missbraucht worden sein. Die Angeklagten saßen zwei Jahre und 7 Monate in Untersuchungshaft. Nach über 300 Verhandlungstagen wurden 24 der Angeklagten freigesprochen, eine ältere Dame war in der Untersuchungshaft bereits gestorben.
Der Richter des letzten Prozesses begann seine Urteilsbegründung so: ‚Den Wormser Massenmissbrauch hat es nie gegeben. Bei allen Angeklagten, für die ein langer Leidensweg zu Ende geht, haben wir uns zu entschuldigen.‘ Dieser Richter hat später in der ‚Deutschen Richterzeitschrift‘ einen Aufsatz veröffentlicht. Er schrieb – für einen Richter sehr ungewöhnlich – er ‚schäme‘ sich dafür, dass er nicht von Anfang an kritischer gewesen sei.
Das Wesentliche dieser Verfahren war das Versagen aller gesellschaftlichen und rechtlichen Institutionen, der Presse und der Öffentlichkeit. Die allgemeine Empörung, der ungebremste Hass und die furchtbare Hysterie damals ist den heutigen gesellschaftlichen Zuständen sehr ähnlich. Es lag deshalb für mich nahe, aus den Wormser Missbrauchsprozessen eine Serie zu machen, die in der Gegenwart spielt und alle neuen Elemente aufnimmt, mit denen wir heute leben müssen.
In den Wormser Missbrauchsprozessen stellte sich ein einzelner Mann diesem Wahnsinn entgegen, ein damals noch junger forensischer Psychologe. In der Serie übernehmen diese Rolle ein heruntergekommener Strafverteidiger und ein brillanter Krimineller. Sie stellen die ganz aus der Mode gekommene kritische Vernunft der allgemeinen Empörung entgegen. Die beiden sind, wenn man so will, die letzten Anhänger der Aufklärung – und gleichzeitig sind sie weit von jedem missionarischen Eifer und jeder Gesinnungsethik entfernt.
Parallel zur Serie werden mehrere Folgen eines Videopodcasts laufen, in dem die tatsächlichen Ereignisse der Wormser Prozesse dargestellt werden. Eine Schilderung des Verfahrens also mit original Pressestimmen, Zitaten aus den weit über 1.000 Seiten umfassenden Urteilen und den Akten und Fernsehbildern des Prozesses. Der Kern des Videopodcasts sind Gespräche, die ich mit damaligen Beteiligten, also dem Gutachter, Journalisten und dem Vorsitzenden Richter führe.
‚Ferdinand von Schirach – Glauben‘ ist ein Format über unsere Zeit, über die Welt, in der wir heute leben. Es erzählt die Geschichte eines allgemeinen Versagens der Gesellschaft. Ich bin sicher, dass es zu einer breiten Diskussion darüber führen wird, wer wir heute sein wollen.“