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Sturmfahrt – Boris Herrmann auf der härtesten Segelregatta der Welt

Sturmfahrt – Boris Herrmann auf der härtesten Segelregatta der Welt

Es waren mehr Menschen im Weltraum als an der Ziellinie der Non-Stop-Segelregatta Vendée Globe. Die RTL+ Dokumentation „Sturmfahrt – Boris Herrmann auf der härtesten Segelregatta der Welt“ zeigt warum. Im Fokus steht Star-Segler Boris Herrmann, der sich als erster Deutscher der Herausforderung der Vendée Globe gestellt hat.

80 Tage nonstop, ganz allein, einmal rund um die Welt und ohne fremde Hilfe. Die Regatta ist eine Extremerfahrung geprägt von wenig Schlaf, Essen aus Plastikbeuteln, inmitten von Stürmen, dem unerbittlichen Ozean und unter Einsatz des eigenen Lebens. Boris Herrmann schildert erstmals ungeschönt und schonungslos die härtesten Monate seines Lebens. Bislang unveröffentlichtes Videomaterial und Audio-Nachrichten von Bord geben Einblick in einen martialischen Kampf eines Mannes gegen die segelnde Konkurrenz, das Meer und am Ende gegen sich selbst. 

Trotz einer dramatischen Havarie in der Nacht vor dem Zieleinlauf erreicht der 40-Jährige einen phänomenalen Platz 5. Bekannt ist Boris Hermann aber auch als Klimaschützer, so brachte er beispielsweise 2019 Klimaaktivistin Greta Thunberg mit seinem Segelboot emissionsfrei nach New York.

Vendée Globe

Die Vendée Globe ist die „brutalste Regatta der Welt“. Seit ihrem Beginn vor 32 Jahren gab es gerade mal 97 Teilnehmer, davon haben es nur 66 ins Ziel geschafft, drei Skipper bezahlten mit ihrem Leben. Boris Herrmann ist der erste Deutsche bei diesem als „Everest der Meere“ bezeichneten Rennen, das nur alle vier Jahre stattfindet. Und auch 2024/25 will Boris Herrmann wieder bei der Vendée Globe dabei sein.

Interview mit Boris Herrmann

Herr Herrmann, reden wir über die Vendée Globe. Wann genau entscheidet man sich, an so etwas teilzunehmen?

Man entscheidet sich gar nicht explizit dazu, sondern man hat eher den Willen, das zu machen. Zunächst erscheint das Vorhaben als verrückter Traum oder fernes Ziel. Das zu erreichen, ist die größte Herausforderung. Vielleicht sogar noch größer als das Rennen selbst. Es gibt vorher viele Hindernisse, die man überwinden muss: Man muss ja erstmal ein Boot finden, sich qualifizieren, ein Team haben und die Finanzierung sicherstellen…

Viele Menschen können sich kaum vorstellen, was auf dem Schiff während des Rennens passiert. Worauf genau können sich die Streamer:innen in der Dokumentation einstellen?
Man kann genauer hineinschauen, hinter die Kulissen blicken, Gespräche und die Stimmungsbilder an Bord erleben. Auch während des Rennens kann man eine Menge sehen. In der Dokumentation wird das noch einmal in einen Rahmen gestellt, also in einen breiteren Kontext mit der Vorbereitung auf das Rennen. Und es wird bisher noch nicht veröffentlichte Videoaufnahmen und Audio-Nachrichten zu sehen und zu hören geben.

Gab es kritische Momente während der Regatta? Und wenn ja, welche waren das?
Das gesamte Vorhaben ist ein einziger kritischer Moment, würde ich sagen! (lacht) Es geht darum, dieses Schiff heil um die Welt zu bringen und in der Regel schafft es nur die Hälfte der Schiffe, ins Ziel zu kommen. Das ist also keine Selbstverständlichkeit, sondern eine ganz schön kritische Angelegenheit. Über den Ozean zu brettern und über die Wellen zu springen mit 70km/h, ist natürlich gefährlich. Das alles muss man gut dosieren und jederzeit einschätzen können. Diese Einschätzung ist immer auch ein Stück weit kritisch.

 

Wie kann man die Zeit alleine an Bord in ein paar Sätzen zusammenfassen?

Es war die intensivste Zeit, die ich je erlebt habe, und es hat mir sehr viel Energie abverlangt. Man ist drei Monate in Action an Bord und braucht danach mindestens sechs Monate, um sich davon zu erholen und wieder Energie aufzutanken.


So ein Vorhaben erfordert auch einen gewissen Mut. Spielte bei Ihnen so etwas wie Angst eine Rolle oder blendet man das komplett aus?
Doch, Angst spielt schon eine Rolle, und zwar vor allem die Angst, dass das Schiff kaputtgeht. Das man es zu doll durch die raue See vorantreibt, dass der Mast bricht oder was auch immer. Und diese Angst begleitet einen permanent und ist ein gewisser Grundstress, der die gesamte Zeit über gegeben ist. Ein Segler musste das Rennen bisher sogar mit dem Leben bezahlen, man kann die Gefahr natürlich nicht negieren. Wahr ist aber auch: Im Vergleich zu allen anderen Sportarten - außer vielleicht Schach - ist die Risikohistorie nicht allzu negativ. Das Rennen ist nonstop, man darf nicht anhalten und unterwegs etwas reparieren, deshalb ist es so schwierig, es wirklich bis ins Ziel zu schaffen. Aber dass den Menschen etwas zustößt, ist zum Glück ganz selten.

Wie sind Ihre Frau und Ihre Familie damit umgegangen?
Meine Frau hat sich keine Sorgen gemacht, dass mir persönlich etwas zustößt. Sie weiß, dass ich ein vernünftiger Segler bin. Aber natürlich sind wir in der anspruchsvollsten Regatta und im höchsten Wettbewerbseifer und bringen das Material und uns an die Grenzen. Bislang war ich immer auf der konservativeren und sicheren Seite. Das war auch meine Strategie während der Vendée Globe, deswegen bin ich mit einem gut erhaltenen Schiff im Atlantik angekommen und konnte dann nochmal viele Schiffe überholen.


Wie sieht die Vorbereitung für so ein großes Vorhaben aus?
Ohne die Unterstützung und Zustimmung meiner Frau hätte ich dieses Projekt auf keinen Fall angepackt, die spielte also eine ganz wichtige und entscheidende Rolle. Es war ein Gemeinschaftsprojekt von uns, weil wir auch viel mehr machen, als nur zu segeln. Die Bildungskampagne mit etlichen Schulen und Schulkindern in zwölf Sprachen hat maßgeblich meine Frau vorangebracht, die vorher Lehrerin war. Das war der Hebel, der dieses Projekt für uns zu einem Gemeinschaftsprojekt gemacht hat.

Das Rennen ist nicht nur körperlich, sondern auch emotional sehr anstrengend. Wie hält man diese psychische Belastung aus?

Ich weiß es auch nicht so genau. Für die Zukunft werde ich versuchen - ich will ja wieder teilnehmen - zu lernen, mich nicht so sehr zu stressen und einen kühlen Kopf zu behalten. Ich hatte zwar die meiste Zeit einen kühlen Kopf, aber habe mir schon sehr viele Sorgen gemacht. Man muss Techniken entwickeln, um diesen Stress auszublenden. Das sind Dinge, an denen ich für nächstes Mal arbeiten möchte. Man schläft im Übrigen ja auch sehr kurz - maximal eine Stunde am Stück - und Stress gepaart mit diesen kurzen Schlafintervallen ist eine ganze besondere Herausforderung. Weil das das Anspruchsvollste ist, trainiert man es im Vorhinein auch. Der größte Gegner in so einem Rennen ist man selbst mit seiner eigenen mentalen Stärke und Verfassung.


Es gibt mehr Menschen, die im Weltraum waren, als an der Ziellinie der Vendée Globe...
Ja, das stimmt, es gibt bislang nur eine kleine Gruppe von Menschen, die das schafften und diese Erfahrung jemals gemacht haben.

Wenn Sie heute mit etwas Abstand an den Zusammenstoß mit dem spanischen Fischkutter kurz vor dem Ziel der Vendée Globe denken, was kommt Ihnen da in den Sinn?

Der Stolz überwiegt! Wir haben eine gute Kampagne gemacht, ich bin auch stolz auf die vier Jahre der Vorbereitung mit dem Team. Wir sind zwölf Mal gesegelt, haben etliche Male den Atlantik überquert. Bei allen Vorbereitungsrennen haben wir unser Ziel erreicht und mussten nie aufgeben. Wir haben mit Ausnahme des Zusammenstoßes ein zuverlässiges Rennen abgeliefert. Als Seemann und Segler wurmt es mich eher, dass dieser Zusammenstoß passiert ist - um den Platz geht es mir weniger. Letztendlich aber überwiegt der Stolz auf die erfolgreiche Kampagne.

Jetzt, wo sie wieder zuhause sind: Wie viel „segelfreie“ Zeit haben Sie im Jahr?
Wir segeln jeden Tag - gerade im Kopf und virtuell. Zurzeit bauen wir ein neues Schiff, deshalb stellt man sich immer vor, wie das wohl durch die Wellen geht. Es ist ziemlich aufwändig, so etwas zu gestalten und zu berechnen, in diesen Prozess sind eine ganze Menge Leute involviert. Im Kopf bin ich gerade also auf dem Schiff. Segeln im Schiff selbst, wird bei mir aber erst in einem Jahr wieder der Fall sein.

 

Sie sind für viele eine Inspiration. Aber einmal umgedreht: Haben Sie Vorbilder oder Menschen, die Sie inspirieren?

In der Segelwelt gibt es ganz fantastische Vorbilder - Seglerinnen und Segler, die faszinierende Bücher geschrieben und Filme gemacht haben. Diese Leute haben mich inspiriert und mich in diese Richtung getrieben. Ich denke beispielsweise an Leute wie Éric Tabarly und Bernard Moitessier oder auch Wilfried Erdmann. Die Abenteuergeschichten dieser Menschen haben mich letztendlich dazu motiviert, dieses Projekt zu verfolgen.

 

Wie engagieren Sie sich für den Klimaschutz? Welchen Stellenwert nimmt dieses Thema für Sie ein?

Wir denken täglich darüber nach und ich bin immer wieder mit Dingen rund um diesen Themenkomplex konfrontiert. Wir haben es zum zentralen Thema unseres Projektes gemacht, wir haben uns eine Klimabotschaft auf unsere Segel geschrieben. Mit den Messdaten der CO2-Konzentration in den Ozeanen unternehmen wir ein wissenschaftliches Projekt. In unserer Bildungskampagne geht es um Bildungsschutz und Klimawandel. Täglich reden wir mit den Partnern, die uns unterstützen, über diese Themen. Wir besprechen, was sich bei denen tut und welche Möglichkeiten es in Zukunft gibt, etwas für den Klimaschutz zu tun.

Ein Teil von Klimaschutz ist Nachhaltigkeit. Wie sehr verfolgen Sie den Nachhaltigkeitsaspekt?
Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt mich seit vielen Jahren. Vor 14 Jahren habe ich studiert, damals lag mein Schwerpunkt im nachhaltigen Management. Wir sind mit Greta Thunberg dann zur UN gesegelt zu einer Nachhaltigkeitskonferenz und die UN hat die 17 Nachhaltigkeitsziele definiert. Ziel 13 ist Klimaschutz - dieses betrifft alle anderen 16 Nachhaltigkeitsziele auch und ist daher ein herausragendes Ziel. Wenn wir beim Klimawandel nicht die Kurve bekommen, wird es auch in allen anderen Bereichen schwierig werden - sei es beim sauberen Trinkwasser oder der allgemeinen Zugänglichkeit von Bildung. Für mich ist Klimaschutz daher das übergeordnete und dringlichste Nachhaltigkeitsziel.

Wie wichtig finden Sie es, dass sich RTL Deutschland dem Thema Nachhaltigkeit mit dem Schwerpunkt Wasser vom 4. bis 10. Oktober 2021 eine Woche lang widmen?

Ich finde das großartig und begrüße das sehr. In meinen Augen kam das Thema früher zu wenig in den Medien vor, findet inzwischen aber mehr und mehr Raum. Für die Medien und die Zuschauer:innen ist es, glaube ich, auch ein spannendes Thema. Denn: Herausforderungen bedeuten immer eine gewisse Art von Abenteuer. Wir müssen viele neue Herausforderungen begehen, denn um der Klimakrise zu begegnen, müssen wir kreative Antworten auf viele Fragen finden. Super spannende Themen also und deshalb gehört das alles unbedingt in die Medien!

 

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Janine Stein | Senior Managerin Kommunikation & PR RTL+ | T: +49 221-456-74410 |